Gascogne

 
     
   
     
     
     

 

 

 

 

 
  Beschreibung
 
     
 
     
 

Die Gascogne in Frankreich

 

 

 
 

Die Gascogne hat ihren Namen von den Vasconen, einem iberischen Volk, das ungefähr im 6. Jahrhundert unserer Zeitrechnung die Pyrenäen überschritt und sich in den Hochtälern der von den Römern Aquitania Tertia genannten Gegend niederließ.

Die Urbewohner der Ebene sprachen eine aus dem Lateinischen abgeleitete Sprache, aus der Dialekte wie der iq!. Bearn oder in der Bigorre gesprochene hervorgegangen sind, während die Vasconen oder Basken auf den Bergen ihrer Sprache bis heute treu blieben.

Im Hundertjährigen Krieg war die Gascogne ein Schlachtfeld, auf dem die Heere Frankreichs und Englands sich maßen.

Der 1336 unterzeichnete Vertrag von Bretigny bestätigte die absolute Herrschaft Englands über diese Provinz, aus der die fremden Eindringlinge sich erst ein Jahrhundert später (1453) zurückzogen.

Heute noch haben gewisse Ortsnamen einen englischen Klang, so das Dorf Hastingues (Hastings).

Als Heinrich von Navarra den französischen Thron bestieg, wurde die Gascogne fester Bestandteil Frankreichs. Seit Napoleon ist sie verwaltungstechnisch in Departements aufgeteilt: Basses-Pyrenees, Hautes-Pyrenees, Landes und Gers.

Die landschaftliche Vielfalt der Gegend ist groß: Zwischen der Atlantikküste im Westen, den Pyrenäen im Süden, der Garonne im Osten und im Norden finden sich in der Gascogne alle Gesichter der Natur: Meer, Gebirge, bebaute Ebene, Eichen- oder Kiefernwälder, Heide und alle Kulturen: Mais, Getreide, Wein, Gemüse sowie Rinder-, Schaf- und Schweine­zucht.

Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich auch Industrie angesiedelt, bis zum letzten Krieg allerdings nur schüchtern. Das atlantische Klima ist mild und ziemlich feucht (das Departement Basses-Pyre­nees hat eine der stärksten Niederschlagsmengen Frank­reichs), aber dieser Feuchtigkeit verdanken wir das köstlich frische Grün, hauptsächlich auf den Hügeln und in den Tälern des Baskenlandes und des Bearn.

Unter den Künstlern, die das Baskenland, allerdings in geringer Zahl, der Welt geschenkt hat, ist der berühmteste Maurice Ravel.

Er kam in dem hübschen kleinen Hafen Ciboure bei Saint-Jean-de-Luz zur Welt, nicht weit vom Haus, in dem die Infantin Marie- Therese die letzte Nacht vor ihrer Hochzeit mit Ludwig XIV. verbrachte.

Ravel hat oft aus der Melodienquelle der heimatlichen Lieder und Tänze geschöpft. Durch Pierre Lotis Roman Ramuntcho wurden die baskische Landschaft und die scheue Freundlichkeit ihrer Bewohner unsterblich.

Ihre Nachbarn, die Bearner, sind mit Romanen vermischte Iberer. Eine alte Überlieferung behauptet, Basken und Bearner seien Rivalen, wenn nicht gar Feinde. Das stimmt nicht, aber es ist wahr, dass diese Nachbarn sich nicht gleichen.

Der Baske ist tief religiös, ernst, ja streng. Der Bearner ist oft skeptisch und immer schalkhaft und fröhlich. Alle seine Tugenden, auch seine Fehler (unter anderem die Lüsternheit) finden sich in der Gestalt des Königs verkörpert, den das Bearn Frankreich geschenkt hat: Heinrich IV., der aus rein politischen Gründen dem Protestantismus seiner Jugendjahre abschwor und sich zum Katholizismus bekehrte, weil er der Meinung war, "Paris ist eine Messe wert", Dieser Herrscher, den man zu seinen Lebzeiten den "Bearner" nannte, ist der beliebteste französische König, denn er stand dem Volk sehr nah.

Die Gascogne hat noch andere Helden hervorgebracht, so zum Beispiel die berühmten Musketiere, deren Heldenstücke Alexandre Dumas in einem Buch erzählt, das die Kinder der ganzen Welt gelesen haben. D'Artagnan besitzt sein Denkmal in Auch, Hauptort des Departements Gers, so wie Heinrich IV. in Pau sein Schloss.

Eine andere große historische Figur, die in Pau zur Welt kam, ist Jean Bernadotte, Prinz von Pontecorvo, ein Marschall Napoleons, der nach dem Tode Karls XIII. vom schwedischen Reichstag zum König von Schweden gewählt wurde und die heute noch regierende Dynastie begründete.

Das milde Klima von Pau, die Milde seines Himmels und die Schönheit seiner Lage haben auf Touristen immer anziehend gewirkt und besonders im 19. Jahrhundert viele Engländer angelockt, die die Stadt zu ihrer Winterresidenz erkoren.

So ist Pau zu einem britischen Anstrich gekommen. Man spielt Golf und veranstaltet Fuchsjagden. "Wo haben Sie Englisch gelernt?" fragte man vor dem Vierzehnerkrieg die Bearner. "In Pau natürlich, wo denn sonst?" gaben sie zur Antwort.

Seit 1920 hat die englische Kolonie stark abgenommen (eine der letzten Getreuen war Mrs. Patrick Campbell, die mit Bernard Shaw befreundete Schauspielerin), aber Pau bewahrt seine angenehme Lebensluft und die berühmte Terrasse, von der aus man einen grandiosen Blick auf die ganze Pyrenäenkette genießt. Diese Terrasse ist einer der Höhepunkte des französischen Tourismus, aber auch eine der Stätten, "wo der Geist weht".

Stendhal, Chateaubriand, Lamartine, Taine, Maurice Barres haben sie besungen. "Man fühlt sich wohl hier", schreibt Taine, "und doch verspürt man im Grund des Herzens eine unbestimmte Unruhe, die Seele wird weich und verliert sich in zärtliche und traurige Träumereien."

Gewiss, die alten Trachten werden nur noch an Festtagen und hauptsächlich zur Freude der Touristen getragen; die jahrhundertealten Bräuche verlieren sich hier wie überall, verscheucht von der lärmenden Invasion der Mopeds und Transistorengeräte; aber die Berge zeichnen heute noch die gezackte Linie ihrer Grate mit den von ewigem Schnee bedeckten Gipfeln an den Horizont.

Im Sommer fährt man in die Pyrenäen, um in Luchon, Cauterets, Bagneres eine Badekur zu machen; im Winter kommt man zum Skifahren und im Herbst zur Gamsjagd.

Ein paar Meilen von Pau entfernt liegt eine kleine Stadt, Orthez, die im 13. und 14. Jahrhundert Hauptstadt des Bearn war.

Mit ihrer gotischen Brücke, deren Bögen elegant den Gave überspannen, und ihrem polygonalen Burgfried, dem einzigen überbleibsel der Burg des Gaston Phoebus, jenes prunk liebenden Fürsten, der den Chronisten Froissart an seinem Hof empfing, bewahrt Orthez einen leicht mittelalterlichen Charakter.

Vor allem aber ist das Städtchen stolz darauf, in seinen Mauern den großen Dichter Francis Jammes beherbergt zu haben, den "Schwan von Orthez", der zwischen 1890 und 1920 einen tief greifenden literarischen Einfluss ausgeübt hat.

Die Symbolisten nahmen die gekonnt naiven Verse des pyrenäischen Vergil mit entzückter Überraschung auf, und Orthez wurde bald ein Wallfahrtsort für so verschiedene Künstler wie Gide, Mauriac, Valery Larbaud, Alain Fournier und Darius Milhaud.

Es entstand zu Beginn des Jahrhunderts wirklich etwas wie eine poetische Religion, der "Jammismus", dessen Auswirkungen mindestens gleich stark waren wie der Einfluss, den Apollinaires Werk auf die nachfolgende Generation ausüben sollte.

Neben Jammes muss auch sein Zeitgenosse Paul-Jean Toulet erwähnt werden, der in Pau zur Welt kam und sowohl Bearner wie Kreolen zu seinen Vorfahren zählt. Sein bester Roman, La jeune fille verte, ist eine phantasievolle, poetische Umsetzung provinzieller Erlebnisse, die sich auf dem Heimatboden abspielen.

Unter den heute lebenden Schriftstellern der Gascogne ist der ausgezeichnete Romancier Joseph Peyre der bekannteste.

Jahrhunderte lang, und bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, war diese Gegend des Südwestens vor allem auf Landwirtschaft ausgerichtet. Ein ziemlich rühriges Handwerkertum verbreitete in ganz Frankreich den Gebrauch einer zu allen Jahreszeiten höchst praktischen Kopfbedeckung, der Baskenmütze, und einer ebenso angenehmen Fußbekleidung, der Segeltuchschuhe mit Korksohle.

Heute sind diese handwerklichen Betriebe, zu denen man noch Wollweberei und die Anfertigung von Tischwäsche zählen muss, industrialisiert und beliefern den Weltmarkt.

Pau