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Schriftsteller im Exil - Sanary-sur-Mer

 

 

 

 

 

Tourismus entdeckt Sanary sur Mer als "Wallfahrtsort"

Zwei deutsche Literaturwissenschaftler haben dem Tourismus an der Côte d'Azur mit ihren Forschungsergebnissen einen tieferen Sinn gegeben.

Während Südfrankreich-Reisende bisher primär wegen der Sonne und des legendären provenzalischen Lichts an die blaue Küste reisten, gehen viele nun auf historische Spurensuche. Hauptanziehungspunkt ist Sanary sur Mer, das nach dem Willen des Departements Var zum internationalen Wallfahrtsort für Literaturinteressierte werden soll.

Seinen Mythos verdankt der idyllisch gelegene Badeort Ludwig Marcuses Klassifizierung als "Hauptstadt der deutschen Literatur im Exil".

Nach Angaben von Manfred Flügge (Münster/Berlin) und Heinke Wunderlich (Universität Wuppertal) suchten in dem ehedem verträumten Fischernest viele berühmte Autoren zwischen 1933 und 1940 Schutz vor den Nazis.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Schleier des Verdrängens über diese Epoche gefallen. Erst Flügges und Wunderlichs detektivische Essays ("Wider Willen im Paradies" und "Spaziergänge an der Côte d'Azur der Literaten") haben dieses spannende Kapitel deutscher Kulturgeschichte dem Vergessen entrissen.

Feriengäste fragen zunehmend im Tourismusbüro von Sanary nach Straßenplänen, um auf Schusters Rappen die Stätten zu erkunden, wo Nobelpreisträger Thomas Mann an "Joseph und seine Brüder" arbeitete, Franz Werfel und Alma Mahler-Werfel Nachbarn von Jacques Cousteau wurden und Lion und Marta Feuchtwanger Hof hielten. Viele ihrer illustren Gäste sind auf einer Gedenktafel am Touristenbüro im Hafen verzeichnet.

Unter ihnen sind Bertolt Brecht, Stefan und Arnold Zweig, Walter Benjamin, Ernst Bloch, Walter Hasenclever, Hermann Kesten, Arthur Koestler, Ernst Toller und Heinrich Mann zu finden.

In der Maison du Tourisme, wo Faltblätter und touristische Prospekte auf die laut Flügge "fast idyllische Etappe in unidyllischen Zeiten" verweisen, beobachten die Beschäftigten in den vergangenen Monaten eine wachsende Nachfrage insbesondere von Deutschen und Österreichern.

Seit 1999 stehen die nationalen Kulturtage im Zeichen der Exilliteratur, dieses Jahr am 16. und 17. September. Bei den ersten Führungen zu den Häusern der Emigranten, die demnächst zur ständigen Einrichtung werden sollen, war der Andrang lebhaft.

Flügge hofft, dass "Sanarys positive und produktive Bedeutung" eines Tages für die deutsch-französischen Beziehungen entdeckt wird. "Warum sollte Sanary nicht zum Schauplatz binationaler Aktivitäten zwischen Frankreich und Deutschland werden - vom Ministertreffen zum Studentenaustausch", regte Flügge an.

 

Gedenktafel angebracht

Unterdessen hat Tink Denis vom Fremdenverkehrsamt des Departements Var damit begonnen, die einstigen Refugien der deutschen Autoren-Elite mit kleinen Gedenktafeln zu kennzeichnen. "Bald sollen Studienfahrten angeboten werden", kündigt sie an. Tink Denis will noch höher hinaus: "Wir verhandeln zur Zeit mit großen Kreuzfahrtunternehmen in Miami über literarische Landgänge."

Flügge schätzt die Zahl der mehr oder weniger bekannten Exil-Autoren jener Zeit allein im Raum Toulon auf über 400. Warum gerade hier in Frankreich, sei rätselhaft geblieben. Schon früher hatte in der Provence ein anderer, zeitweise missliebiger deutscher Autor Zuflucht gesucht: Heinrich Heine, an den im Mistralpark von Toulon-Le Mourillon ein Denkmal erinnert.