Das Elsass / Märchen und Legenden

Märchen und Legenden aus dem Sundgau und anderswoher.

Der schwarze Kater von Hochburg

Vom Schloss Hochburg und seiner Umgebung, bei Traubach-le-Haut im Kanton Dannemarie, sprach man einst als von einer Gegend, die von Hexen und Geistern heimgesucht wurde. Niemand wagte es, dort nach Sonnenuntergang herumzuspazieren.

Nun geschah es aber, dass ein Dorfbewohner, der etwas zu lange in den elsässischen Weinbergen verweilt war, um sich einen Vorrat an Wein zu besorgen, mehr recht als schlecht mit Pferd und Wagen nach Hause karn.

Auf der Höhe von Schloss Hochburg angelangt, vernahm er den schaurigen Schrei eines Nachtvogels, der die Stille zerriss. Er drehte sich um und nahm eine gebückte Alte wahr, die am Wegrand stand.

Zu seiner Überraschung rief sie ihm Folgendes zu: „Wie ist das Wetter, lieber Freund?" Wirklich eine seltsame Frage, zumal die Alte nicht blind war. Der Mann war verstört und bekam es allmählich mit der Angst zu tun.

Er wollte das Pferd zum Galopp anspornen, aber, statt zu beschleunigen, verlangsamte das Tier seinen Schritt, fing an zu schnauben und zu schwitzen, als ob der Wagen Kisten voller Blei enthielt.

Der Bauer hielt besorgt das Gespann an, tastete den schweissnassen Pferdehals ab und untersuchte Räder und Bremsen seiner Karre: alles war in Ordnung.

Er nahm die Zügel wieder in die Hand. In der Ferne hörte man die Glocken, die bereits zum Morgengebet läuteten. Im selben Moment, als das Gespann losfahren wollte, sprang ein schwarzer Kater aus der Karre und richtete einen grimmigen Blick auf den Mann und als er auf dem Boden landete, wuchsen ihm gar Flügel, mit denen er sich anschliessend in die Lüfte erhob und in Richtung Hochburg flog.

Wenn man erst morgens aus den Weinbergen nach Hause kommt, kann es natürlich sein, dass man eben nicht schlecht getrunken hat - Wenn dann auch noch die Angst hinzukommt, was kann man da nicht alles sehen!