Das Chanson

Toulouse-Lautrec hat ihn auf einem seiner berühmtesten Plakate dargestellt, den Couplet-Sänger Aristide Bruant.

Mit Knotenstock, schwarzem Hut und rotem Schal trat der ehemalige Rollkutscher von der Gare du Nord im "Ambassadar", im "Chat Noir", "Mirliton" und "Eldorado" auf, ein zorniger Volkssänger, der die Bürger der Belle Epoque mit vulgärem Charme provozierte, aber auch unter Schriftstellern, Journalisten, Musikern seine Zuhörer hatte - Emile Zola, den jüngeren Alexandre Dumas und Claude Debussy, der im "Chat Noir" zum Dirigieren eine Blechgabel schwenkte.

Der Spatz von Paris Edit Piaf

 

Unsichtbar zugegen waren in den Cabarets von Montmartre die Urväter des scharfen, gegen soziale Ungerechtigkeit engagierten Chansons: Francois Villon (1431-1463) und Pierre Jean de Beranger (1780-1857), den die Polizei der Bourbonen wegen seiner "aufrührerischen und unsittlichen Lieder" mehrmals inhaftierte, dem aber kein Geringerer als Goethe bezeugte, er habe "nicht bloß die Bewunderung Frankreichs, sondern des ganzen gebildeten Europas" erregt.

Protest- und Spottlieder, Liebes- und Tanzlieder, Trinklieder und moritatenhafte Balladen, auch Complainte genannt, wurden seit den Zeiten der Troubadoure und Vaganten gesungen. In den acht Bänden der "Histoire de France par les chansons" sind fast 10 000 chansons zusammengetragen. Nie entstanden sie so rasch wie während der Französischen Revolution - insgesamt waren es weit über 2000 in den Jahren zwischen 1789 und 1795. Seit das Chanson von der Straße auf die Bühne zog, traten auch die Sängerinnen hervor: die unvergessene Yvette Guilbert (1866-1944) als erste, die Mistinguett (1875-1956), die als "Königin der Pariser Revuetheater gefeiert wurde, seit dendreißiger Jahren :Edith Piaf (1915-1963) und bis heute Juliette Greco und Barbara.

Maurice Chevalier 1888 - 1972
Verkörperung des französischen Charms.

 

Einige der erfolgreichsten Chanson-Stars, die in den Music Halls, im "Alhambra" und "Olympia" ihr Publikum begeisterten, kamen von ganz unten, wie die Piaf, wie auch Maurice Chevalier, der, als neuntes Kind eines Alkoholikers im Pariser Armen-Quartier Menilmontant geboren, mit seinem unvermeidlichen Strohhut als Inbegriff des Charmeurs und "Botschafter der guten Laune" auftrat.

Die leiseren, die literarischen Töne sind für das französische Chanson seit den Dreißigerjahren immer wichtiger geworden. Charles Trenet mit keckem Wortwitz und surrealer Fantasie, Jacques Prevert und Leo Ferre mit ihren Alltags-Miniaturen, George Brassens als Poet des savoir vivre der Außenseiter und der einfachen Leute, Charles Aznavour mit seinen Liebesliedern voller Tristesse und Sinnlichkeit - sie alle sind Beispiele einer neuen Chanson-Kultur im Zeichen von Individualismus und unverstelltem Bekennen des Persönlichsten.

Charles Aznavour

Und heute? Die Namen - um nur einige zu nennen: Francis Cabrel, Julien Clerc, Francis Lalanne und Renaud - sind nicht auf Millionen von Schallplatten oder CDs präsent, aber ihre Lieder zeigen, wie lebendig das französische Chanson ist.


 

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