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Feste in Südfrankreich nach Themen - Schinken

 

 

 

 

Schinken aus Bayonne.

Es ist sieben Uhr morgens, Donnerstag vor Ostern. Ein klarer Himmel folgt auf eine Nacht, in der sogar etwas Frost aufkam. Fröstelnd wärmen die Händler am Quai ihre Hände an ihrem Atem oder beehren Monsieur Elissaldes Bar mit ihrem Besuch.

Es ist der erste Tag des Foire aux Jambons de Bayonne, des Schinkenmarkts von Bayonne, dessen Eröffnung große Wichtigkeit zukommt, da die ausgestellten Schinken erst die offizielle Prüfung bestehen müssen, um zum Verkauf angeboten werden zu können.

Monsieur Denis Brillant ist der örtliche Vertreter der Metzgervereinigung.

Mit einem spitzen Werkzeug aus Pferdeknochen wird jeder Schinken an zwei Stellen angestochen: einmal am Hauptstück der Hachse und einmal nahe der Spitze des Oberschenkelknochens.

Ist der Geruch des Teststücks sauber und zuftiedenstellend und der Schinken bis zum Knochen süß duftend, dann ist die Qualität gut, und der Schinken erhält ein Warenzeichen, ein Qualitätszeugnis, ohne das er nicht verkauft werden darf.

Warum nur sind alle so aufgeregt?

Nun, der Schinken von Bayonne ist eben der feinste, der in Frankreich hergestellt wird, er ist dem spanischen Serrano-Schinken und dem Parma- oder Westfälischen Schinken ebenbürtig.

Kein minderwertiger Schinken darf als echter Bayonne-Schinken auf den Markt kommen!

Der Bayonne-Schinken genießt seit Jahrhunderten ein hohes Ansehen. Bereits im 15. Jahrhundert sandte man dem Gouverneur des Towers in London eine Ladung Schinken, um sich politisch erkenntlich zu erweisen.

Der Gatte der Amme von Heinrich von Navarra, dem späteren Heinrich IV. von Frankreich, soll entsetzt gewesen sein, als er seinen König in Paris besuchte und feststellen mußte, daß kein Bayonne-Schinken in der königlichen Küche hing.

In seiner Heimat hatte jeder Bauer, der auf sich hielt, ein paar Schinkenkeulen im Wohnzimmer hängen: An ihrer Anzahl ließ sich sein Wohlstand ermessen. Schinken galt in jenen Tagen als die schönste Zierde des Hauses.

Der Ruhm des Bayonne-Schinkens ist gut dokumentiert.

Es gibt Aufzeichnungen über Dutzende von Exemplaren, die königlichen Bräuten und ihren Auserwählten überreicht wurden.

Im Hause Grimods, eines Pariser Gourmets aus dem 19. Jahrhundert, hingen angeblich mindestens vier Dutzen Schinkengirlanden von den Dachsparren.

Was ist das Besondere am Bayonne-Schinken, wo doch überall im Südwesten Frankreichs Landschinken auf die gleiche Weise hergestellt wird?

In erster Linie geht es um die Qualität des Schweinefleisches.

Ein echter Bayonne-Schinken muß von Schweinen stammen, die in einem der drei Departements im äußersten Südwesten des Landes aufgezogen wurden: in den Pyrenes- Atlantiques, den Hautes-Pyrenees oder in Gers.

Der Großteil der Produktion stammt aus der Nähe von Orthez, aus St.-Jean-Pied-de-Port und dem kleinen Dorf Lahontan.

Der Name «Bayonne» rührt daher, daß der Hafen dieser Stadt das Verteilungszentrum war.

Die besten Tiere werden — zumindest während ihrer letzten Lebensmonate — mit Getreide gefüttert.

Viele gehören einer speziellen baskischcn Zuchtlinie an, die dunkle Köpfe und angeblich das saftigste Fleisch hat. Heute scheint Jean Chabagno aus St.-Jean-Pied-de-Port der angesehenste Züchter zu sein.

Seine «Großen Weißen» gewinnen alle lokalen Auszeichnungen und erzielen bei wichtigen Händlern wie Montauzet und Ospital hohe Preise.

Eine weitere Ursache für den Ruhm des Bayonne-Schinkens beruht auf dem Geheimnis des Salzens.

Der Schinkenhersteller erwirbt ein Spezialsalz in Salies-de-Bearn‚ wo riesige unterirdische Salzwasserquellen weißes und reines Felsensalz liefern, das weder verfeinert noch verfälscht wird.

Dieses Salz wird drei Tage lang in die Oberfläche der Schinken eingerieben, ein Vorgang der unablässig wiederholt wird und sehr anstrengend ist.

Die Menge des benötigten Salzes und das Ausmaß, in dem es vom Fleisch aufgenommen wird, sind bestimmend für das Endprodukt.

Geschicklichkeit und Erfahrung des Schinkenherstellers sind in diesem Stadium ausschlaggebend. Es scheint kein Rezept und keine feste Regel für diesen Vorgang zu geben, den ein Hersteller mir einmal als «präzisen Empirismus» beschrieb.

Nach diesen Vorbereitungen kommen die Schinken in sogenannte saloirs, Salzpfannen, wo sie die folgenden Monate verbringen.

Die Schinken werden auf grobem, grauem Salz aus dem Gebiet um Bayonne aufgelegt und für mindestens sechs Monate eingepökelt.

Industrielle Produzenten verfügen über Mittel, um diesen Zeitraum zu verkürzen, was aber auf Kosten der Qualität geht.

Die Schinkenhersteller von Bayonne verwenden, im Gegensatz zu anderen Herstellern im Südwesten, keinen Salpeter, der dem Fleisch zwar eine rötlichere Färbung verleiht, es aber auch härter macht.

Es ist wichtig, daß die gewaschenen Schinken während der Reifung nicht von Insekten befallen werden, weshalb sie mit grauem Pfeffer oder auch piment fort d‘Espelette, einem Spezialpfeffer, eingerieben werden.

Früher wurden die Schinken in Holzasche eingegraben und in hölzernen Schachteln oder Kisten, oft Weinkisten, aufbewahrt.

Heute werden sie in weißen Stoffsäcken aufgehängt. Die Trockenräume ( sehoirs) ‚ deren Temperatur, Feuchtigkeit und Luftdruck das Endprodukt mitbestimmen, werden streng kontrolliert.

Übermäßige Feuchtigkeit etwa kann einen Schinken schneller als alles andere verfaulen lassen. Die Trocknung dauert, je nach Größe und Qualität, mindestens vier Monate.

Große Schinken der besten Qualität, die Chabagno und seine Freunde «Ibaiona» nennen, reifen bis zu zwölf Monate oder länger und stammen von Schweinen, die mindestens neun Monate lang ausschließlich mit Getreide gefüttert wurden.

Obwohl in Frankreich jährlich mehr als zwei Millionen Schinken als Bayonne-Schinken verkauft werden, gibt es auf dem Schinkenmarkt nur 25 Aussteller, was belegt, daß viele Bayonne-Schinken auf dem Markt von Industriekonzernen stammen, deren Qualität respektabel sein mag, aber bei weitem nicht dem Standard der einheimischen Spezialisten entspricht.

Diese gründeten einen Verband zum Schutz der Bezeichnung «Bayonne», und eine Confrerie, um die Qualität des Originalschinkens zu schützen.

Die Schinken der Verbandsmitglieder sind gekennzeichnet mit: Marque Deposee, Veritable Jambon de Bayonne, etiquette syndicale.

Der Schinkenmarkt übersiedelte kürzlich neben die Markthalle von Bayonne am Ufer des Flusses Nive.

Er findet in zwei langen, rechteckigen, grün-weiß gestreiften Zelten statt. Die Schinkenaussteller kommen alle aus Bayonne oder Umgebung, aber ich bemerkte auch einen aus der Normandie, der gekommen war, um seine schönen Schlack- und Blutwürste zu verkaufen.

Die Aussteller sind alle auch charcutiers, Fleisch- und Wurstwarenhändler, weshalb sie, neben dem Schinken, dessen roter Espelette- Pfeffer wie Paprika leuchtet, auch eine große Auswahl konservierter Waren anbieten.

Sie zählen zum Feinsten, was in Frankreich angeboten wird: confits von Ente und Gans natürlich, aber auch vom Schwein, Lammzunge, Schweinsohren und -wangen; Schweinebauch, der wie Schinken entbeint, gerollt und gepökelt wurde, Ringeltauben, Wildschwein, Rindfleisch und Hase, Enten-, aber auch Schweinewürste.

Monsieur Estreboou aus Monein bietet dazu ein Glas trockenen Jurancon aus seiner Heimatstadt an. Es gibt auch Terrinen mit Fasan, Rebhuhn, geräucherten Enten- und Gänsebrüsten, ttoro, die baskische Fischsuppe in Konserven, und axoa, Pastete, die von baskischen Schafhirten hergestellt wird: aus mit Espelette-Pfeffer gewürztem Kalbfleisch.

Manche Stände bieten Käse an, den kleinen runden Kuhmilchkäse namens «lparla» und Schaflkäse aus Irat und Ossau.

Manche Käsesorten aus den Pyrenäen werden aus beiden Milchsorten hergestellt.

Schafkäse wird im Baskenland unter dem Oberbegriff «Ardi Gasna» gehandelt und wird oft mit Kirschen- oder Quittenmarmelade gegessen. Die Salzigkeit des Käses harmonisiert vorzüglich mit der bittersüßen Fruchtigkeit der Marmelade.

Ein Vorteil des neuen Standortes des Marktes liegt darin, daß er mit dem allgemeinen Marktkomplex dahinter verschmilzt.

In der überdachten Halle wird wunderbares Frühgemüse angeboten: frischer Spargel, winzige Jungerbsen und Saubohnen, die so klein sind, daß die Früchte in ihren gekräuselten Schoten kaum zu erkennen sind.

Daneben befinden sich zahlreiche Fischstände, auf denen sich Prachtexemplare aus den Tiefen des atlantischen Ozeans stapeln: Oktopusse, Tintenfische und die berühmten chipirons, ebenso wie die bekannteren Langusten, Riesengarnelen, Thun- und Schwertf‘ische.

Gibt es ein besseres Frühstück als eine dicke Scheibe gebratenen Schinkens, die in einen frisch zubereiteten Pfannkuchen gerollt und mit viel Pfeffer gewürzt ist?

Die Basken bevorzugen den Schinken mit Eiern gebraten und einem Schuß Essig, ein Gericht, das sie arroltz ta xingar nennen.

Durstige können auch Weine von der anderen Seite der Pyrenäen erwerben, oder den köstlichen lokalen Wein mit dem unaussprechlichen Namen Jrouleguy, der heute in allen drei Farben erhältlich ist. Auch Cidre ist in diesem Teil Frankreichs beliebt.

Das Niveau der Produkte ist hier so hoch, daß es ungerecht wäre, einzelne Fleischer hervorzuheben.

Ich kann jedoch nicht umhin, Yvan Lambure zu erwähnen, der uns viele interessante Informationen über den Bayonne-Schinken gab und uns an seinem überdachten Eßplatz neben den Zelten auf dem Markt mit einem casse-croiite, einem kleinen Imbiß, fürstlich bewirtete.

Yvan besitzt einen Marktstand und führt auch ein florierendes Geschäft als traiteur, ein Ausdruck, für den es außerhalb Frankreichs kein Äquivalent gibt: Er bezeichnet eine Tätigkeit zwischen Caterer und Zustelldienst.

An überdachten Tresen serviert Jvan mittags schnelle, kleine Imbisse.

Er bat uns, ihm einen Vorwand zu geben, damit er seinen Stand ein wenig verlassen und mit uns Kaffee trinken könne.

Der «Kaffee» erwies sich als köstliche Kabeljau-Omelette — ein Pendant zur Arnold - Bennett - Omelette, die wir mit dem rosafarbenen Wein von Iroulegouy hinunterspülten.

Bayonne