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Radfahren in Frankreich - Tour de France

 

 

 

Die Geburt der Tour de France

»Dreyfus-Affäre« als Auslöser

Genau genommen ist die Tour de France einer innenpolitischen Krise zu verdanken: Die »Dreyfus-Affäre« entwickelte sich aus einem militärgerichtlichen Prozess gegen den französischen Hauptmann Alfred Dreyfus, einem Juden aus dem Elsaß, der wegen angeblichen Landesverrats 1884 zu lebenslänglichem Exil auf der Teufelsinsel vor Cayenne in Guyana verurteilt wurde.

Als Unregelmäßigkeiten und Einflussnahme einer breiten antisemitisch-konservativen Front auf diesen Schauprozess bekannt werden, spaltet die Affäre Frankreich in zwei Lager.

Zum Lager der "Dreyfusianer" gehört Pierre Giffard, Chefredakteur der täglich erscheinenden Sportzeitung "Le Vlo" (Auflage fast 100.000 Exemplare), der erste große Mann des französischen Sportjournalismus. Mit Vehemenz schlägt sich Giffard auf die Seite derer, die wie der Schriftsteller Emile Zola in "Jaccuse" oder Anatole France eine Revision des skandalösen Urteils fordern. Giffard, der auch das Radrennen Bordeaux-Paris organisiert, verquickt geschickt Sport und Politik.

Ein Konkurrenzblatt muss her!
Es dauert nicht lange und eine konservative Riege von Anti-Dreyfusianern, mit den Fahrradkonstrukteuren Michelin und Clement, dem Comte Dion und einem ehemaligen Radrennfahrer und Stundenweltrekordhalter - Henri Desgrange -, beschließt, das Konkurrenzblatt "L'Auto-Vlo" zu gründen. Obwohl Dreyfus in einem zweiten Verfahren zu zehn Jahren Zuchthaus "begnadigt" und schließlich freigesprochen und rehabilitiert wird, erscheint am 16. Oktober 1900 erstmals die neue Sportzeitung "L'Auto-Vlo".

Giffard hat sich aber den Namen "Vlo" rechtlich schützen lassen. So hat der neue Zeitungschef Desgrange zunächst einmal einen Plagiatsprozess am Hals. Ein mäßiger Auftakt für die bereits auf gelbem Papier gedruckte "L'Auto", wie sie jetzt heißt. Später gelingt es Desgrange die Organisation des Langstreckenrennens Paris-Brest-Paris zu übernehmen - einschließlich der exklusiven Berichterstattung. Aber das ist nur ein "Etappengewinn" im Duell mit dem unliebsamen Konkurrenten Giffard.


"Ein Radrennen, wie es noch keines gab"
Die entscheidende Idee kommt von Geo Lefvre, einem 26-jährigen Journalisten der "LAuto", der seinem Chef Desgrange vorschlägt, ein Radrennen zu veranstalten, wie es die Welt noch nicht gesehen hat: eine Frankreich-Rundfahrt. Desgrange ist skeptisch: "Willst du die Radfahrer denn umbringen?", fragt er seinen Assistenten.

Der erwidert: "Nein Chef, wir unterteilen das Ganze in Etappen." Desgrange ist entsetzt und fasziniert zugleich von dieser Idee. Nach einem ausgiebigen Mittagessen im Restaurant "Zimmer" am Boulevard Montmartre, stoßen Lefevre und Desgrange mit dem Finanzchef des "L'Auto", Victor Goddet, auf das Gelingen dieses abenteuerlichen Unterfangens an.
Am 19. Januar 1903 annonciert "L'Auto" erstmals die "Tour de France", ein Radrennen über die bis dahin unerreichte Distanz von 2.428 Kilometern, das mit Etappenzielen in Lyon, Marseille, Toulouse, Bordeaux, Nantes und Paris das klassische Hexagon Frankreichs befährt.
Als Preisgeld werden insgesamt 20.000 Francs vergeben, davon winken alleine 3.000 Francs dem Sieger - für zehn Francs Startgeld durchaus ein Anreiz!

"Staunende Faulpelze am Wegesrand"
Doch die Rennfahrer zögern. Zu tief sitzt die Angst vor den erwarteten Qualen und Strapazen, die auch durch die Aussicht auf Ruhetage nicht gemildert wird. Erst zwei Tage vor Meldeschluss hat Desgrange genug Meldungen für die Durchführung der ersten Tour. Das eigentlich wahnsinnige Unterfangen, die Verkaufszahlen der Sportzeitung "L'Auto" zu steigern, ist zu diesem Zeitpunkt mehr als ein Versuchsballon. Der finanzielle Drahtseilakt ist sozusagen zum Erfolg verurteilt, weil sonst die Zeitung pleite wäre.

Voller Zuversicht schreibt Desgrange zum Start der Tour am 1. Juli 1903: "L'Auto lanciert als Zeitung mit avantgardistischem Mut heute das größte Rennen der Welt mit den prächtigsten, unerschrockensten aller Athleten. Während 2.400 Kilometern werden sie auf staunende Faulpelze am Wegesrand treffen, die sich ihrer Bequemlichkeit schämen und aufgeweckt werden von der Kraft und der unzähmbaren Energie dieser außergewöhnlichen Männer!"

Die "Faulpelze" sind in der Tat beeindruckt: Während der ersten Tour schnellen die Verkaufszahlen der "L'Auto" von 30.000 auf 65.000 Exemplare hoch. Ein Sieg über Giffard und "Vlo", die bereits Ende 1903 vom Markt verschwunden ist.