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Feste in Brive-la-Gaillarde

 

 

 

 

Auf dem Festival de l'elevage in Brive

Ein letztes Mal fährt Vincent mit der Schrubberbürste durch Tulipes glänzendes Haar. Zwirbelt hier noch mit den Fingern ein Löckchen, glättet da noch eine Strähne, rückt den Ohrring gerade, bis das Styling sitzt. „Bloß ruhig bleiben, Mädchen!" flüstert er ihr ins Ohr, „du bist die Schönste heute!"

Ein freundlicher Klaps zum Abschied, dann stolziert Tulipe in Richtung Laufsteg. Und da steht sie nun, auf einem Teppich aus Sägespänen, zusammen mit Eve, Tartine, Juliette und all den anderen jungen Limousinen, die heute zum Schönheitswettbewerb in Brive-la-Gaillarde antreten.

Eine Jury des „Festival de l'elevage", des traditionellen Züchterfests, hat sie unter den einjährigen Kühen des Limousin auserwählt und hierher geladen, in die berühmte Markthalle „Georges Brassens".

Was für eine Ehre für ihre Besitzer! Doch nur eine wird gleich die erste Siegesprämie des Tages mit nach Hause nehmen.

Die Musik dreht auf, das Licht geht an. Hunderte Augenpaare starren Tulipe von der Zuschauertribüne aus an. „Muuuh!" schreit sie ihnen aufgeregt entgegen, und ihre Konkurrentinnen stimmen lautstark ein.

Doch der Chor der Kühe geht unter im Lautsprecherlärm: „Beifall bitte für Nummer 106, 10 Monate alt, natürlich befruchtet, 381 Kilogramm."

Vincent hält den Atem an, das ist seine Tulipe! Zwei Männer mit weißem Hemd und Krawatte, die Richter der Züchtervereinigung, umrunden die junge Kuh, streicheln ihr über die Rückenmuskeln, kneifen in die Schenkel und mustern ungeniert ihren Hintern; „klassische Statur" und „perfektes Fettpolster" kommentieren sie dabei.

So wie jedes Jahr am letzten Augustwochenende. Denn das Züchterfestival in Brive ist einfach ein muss, ein letztes Veranstaltungs-Highlight, bevor der Sommer zu Ende geht.

Aber nicht nur wegen der schönen Limousinen. Im Zelt nebenan flattert die lokale Elite der Hühner, Gänse und Wachteln um die Wette; propere Enten planschen in einem künstlichen Teich; Kaninchen und kleine Ferkel lassen sich geduldig von den Kindern hinter den Ohren streicheln.

Es quiekt und quakt, schnattert und scharrt, die Luft schmeckt nach Tier, nach Stroh und Stall. Doch genau das lieben die Menschen am Züchterfest in Brive: Es ist ein riesiger Bauernhof mitten in der Stadt.

Die besten Spezialitäten des Limousin dürfen da nicht fehlen. Im zweiten Zelt, hinter dem Geflügel und vor den Marktständen, die schon an normalen Samstagen Tausende Menschen für ihre Wochenendeinkäufe nach Brive locken, sind heute die „Producteurs de specialites regionaux", versammelt: die Helden aller Feinschmecker und Schleckermäuler. Entsprechend ver ändert sich die Geräuschkulisse.

Statt Gemuhe und Gequake hört man hier verzückte „hrrimms!" und
„aaahhs!".

Besonders bei Andre". Der Chocolatier aus Brive hat an seinem Stand alles aufgebaut, was das Limousin an Süssiskeiten zu bieten hat.

Sein Nachbar verkauft Kastanienmahl für Crepes-Liebhaber, eine Nonne des Zisterzienserklosters Jassoneix in Meyrac, Marmeladen aus selbstgepflückten Früchten und Krautern: Heidelbeere, Pflaume, Apfel mit Zitronenmelisse oder Salbei-Gelee mit Rosenduft.

Daneben gibt es luftgetrocknete Würste mit Nuss, Schweineschmalz von den berühmten Culs-Noirs, den „Schwarz-Hintern-Schweinen", Pates mit Oliven- oder Pistazienstücken und Gänseleberpastete in allen Varianten und Preiskategorien.

Gervais ist der Fromager des Festivals, genauer: der Bio-Fromager. 600 kleine, runde Ziegenkäse hat er heute dabei, von dem ganz frischen weißen „Cabecou" über den cremigen „Delice" bis zum einen Monat lang gereiften „St. Pierre" mit der schwarzkrümeligen Kruste.

Hart ist der, scharf und intensiv - „ein echtes Kennerstück", wie Gervais der interessierten Runde vor seinem Stand erklärt. „Reiben Sie ihn wie Parmesan über die Nudeln. Oder für nach dem Essen mit einem trockenen Weißwein!" Die Leute gucken, kosten, kaufen.

Und Gervais freut sich: „Wer einmal meinen Käse gegessen hat, kommt wieder." 100 Ziegen stehen in seinem Stall auf der „Ferme du Leconet", einem alten Bauernhof, den er mit der ganzen Familie als Bio-Landwirtschaft betreibt.

Seine Frau Michelle kümmert sich um den Käse, sein Bruder um den Gemüseanbau und seine Schwägerin um die Obstbäume. „Genau wie früher", sagt Gervais lächelnd, und eine seiner Stammkundinnen, die jeden Samstag Käse, Salat und Tomaten bei ihm einkauft, versichert lautstark „ah oui, mit den Supermarkt-Produkten haben Gervaisv Käse und Gemüse nichts zu tun. Ici, c'est du vraü", „hier ist es echt!"

Am Abend sitzen sie dann alle an den langen Tischen des „Diner du Festival" zusammen, die Züchter, der Chocolatier, die Nonne, der Bio-Bauer und all ihre Kunden und Besucher.

Es gibt - natürlich - ein „Menü du terroir", mit Fleisch von der heimischen Weide, Wein und original Limousiner Apfelsaft für die Kinder. Und kaum ist der Digestif, ein Schnaps aus Nüssen, serviert, fangen die ersten Päarchen zu tanzen an.

Auch die schöne Tulipe hat vor dem Einschlafen von ihrem Besitzer noch frisches Heu bekommen. „Lass es dir schön schmecken" wünscht ihr Vincent zum Abschied und grinst. „Dann bist du nächstes Jahr sicher nicht mehr zu schmächtig für die Siegerkrone."

Marches de Pays
Neben den großen Landwirtschaftsfesten empfehlen wir auch den Besuch der kleineren „Marches du Pays", den etwa 50 lokalen Dorfmärkten des Limousin. Dort finden §ie die besten lokalen Produkte direkt vom Bauernhof oder leckere Spezialitäten, die authentisch und auf traditionelle Weise zubereitet sind.