Brantome
 
 
 
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Der Schriftsteller Brantome

 

 

 

 

Über den galanten Schriftsteller Brantome

 

Er saß im Klosterpavillon und verfasste Heldenchroniken, die sich wenig fromm anhörten. »Das leben berühmter Männer und großer Hauptleute« hieß das eine Werk, »Das leben der galanten Damen« war das Pendant dazu.

Vor allem dieses leicht pornographische Buch ist der Grund, dass Brantome nicht nur ein Orts- und Abteiname blieb, sondern als berühmt-berüchtigtes Pseudonym in die französische Literaturgeschichte einging.

Ursprünglich nur als Manuskript in den klatschfreudigen Adelskreisen zirkulierend, wurde es später als Dokument freizügigen Denkens ein Buchhandelserfolg.

Brantome hieß eigentlich Pierre de Bourdeille und kam um 1540 im gleichnamigen Schloss zur Welt. Da der Baronentitel seinem ältesten Bruder Andre vorbehalten blieb, musste Pierre eine andere Adelskarriere einschlagen. Er wurde siebzehnjährig Abt von Brantome, damals eine reiche, prächtige Pfründe. Der Titel hinderte ihn nicht daran, auf ausgedehnten Reisen das Abenteuer zu suchen.

Zunächst lockten ihn die Kriegsschauplätze in Italien, die römischen Kurtisanen, Neapel. Nach einem kurzen Aufenthalt im heimischen Perigord zog es ihn an den französischen Königshof, wo er sich in eine Ehrendame Katharinas von Medici verliebte, vor allem aber diplomatisch-militärische Aufträge erhielt.

Er begleitete Maria Stuart nach Schottland, nahm am ersten Religionskrieg teil und begab sich im Dienste des Königs von Spanien auf Marokkoexpedition. Und so ging es weiter: Kurze Liebschaft in Arles, als Waffengefährte Strozzis nach Malta, in Frankreich vergebliche Ausschau nach einer reichen Erbin, dann monatelang als Korsar unterwegs, am französischen Königshof wieder professioneller Liebhaber, anschließend zweiter Religionskrieg.

Der Krieg und die Frauen - nichts anderes interessierte ihn. Bis der Titularabt 1584 vom Pferd stürzte und den Rest seines Lebens, bis 1614, an die Pfründe gefesselt war. Da gab ihm die Schriftstellerei wenigstens imaginär die verlorene Bewegungsfreiheit zurück.

Brantome ist kein Memoirenschreiber, auch kein Skandalberichterstatter im modernen Sinn. Er spielt die Rolle des adligen Welt- und Lebemanns, indem er - schier unerschöpflich - Klatschgeschichten aus der Welt des Hofes zum Besten gibt.

Die Einleitungsformel ist stereotyp und wenig variantenreich: »J'ay cogneu une honneste dame« (Ich habe eine ehrenhafte Dame kennen gelernt), »J'ay ouy parler d'une fort honneste dame et de reputation« (Ich habe von einer sehr ehrenhaften und angesehenen Dame gehört), »Je scay une belle et honneste dame« (Ich kenne eine schöne und ehrenhafte Dame). Die kolportierte Anekdote liefert dann die erwartete Enthüllung über eine möglichst prominente Person.

Weil sie den Insidern bekannt ist, wird der Name verborgen, denn so beginnt das Rätselraten, das die Schlüsselliteratur zur amüsanten Lektüre macht.

Man kann das stereotype Attribut honneste mit »ehrenhaft«, »tugendhaft«, »schicklich«, »gesittet« oder »sittsam« übersetzen. Es bezeichnet ein verlogenes Ideal, mit dem der Autor zweideutig spielt. Brantome kannte die höfische Galanterie, die das Werk des Teufels - die Verführung - zur Kunst stilisiert hat. »Artig« und »verführerisch« waren Synonyme in einer Gesellschaft, welche die Sittsamkeit ständig auf die Probe stellte und heuchlerischen Tugendpredigern ebenso viel »Aufregung« bescherte wie den materialistischen Zynikern.

Aber zu welcher Sorte zählte der Abt Brantome?

Er hielt sich wahrscheinlich für gut katholisch, wenn er der neuen Tugendhaftigkeit der Hugenotten mit einer affektierten »Natürlichkeit« begegnete. Sein literarisches Markenzeichen war die Selbstverständlichkeit, mit der er scheinbar wertfrei Themen erörterte, die andere für obszön hielten. Denn hinter allen Pikanterien spürt der Leser als durchgängigen Gestus ein Achselzucken mit der immergleichen Botschaft: Macht euch nichts vor, die Tugend ist machtlos vor der menschlichen Natur.

Man braucht nur die Kapitelüberschriften zu lesen: Über die Damen, die sich in Liebesabenteuer einlassen und ihren Ehegatten Hörner aufsetzen ; Über die Frage, was in der Liebe den größten Lustgewinn verschafft ; Vom Charme schöner Beine ; Von den Reizen der reiferen Jahrgänge ; Über die Vorliebe der Frauen für tapfere Männer und deren Hang für mutige Frauen ; Von den fatalen Folgen indiskreter Prahlerei ; Über die Frage, wer wohl am hitzigsten sei: Ehefrauen, Witwen oder junge Mädchen.