Loches
 
 
 
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Allgemeines zu Loches

 

 

 

 

Jacques Lefeque, der Verantwortliche für den Fremdenverkehr in der Region, meint, wenn er jedem der Loireschlösser ein einfaches Adjektiv beigeben müsse, dann würde er für Amboise "königlich" wählen, für Chinon "historisch", für Loches aber "seelenbewegend".

Möglicherweise hat er dabei an die "Regierungszeit" der schönen Agnes Sorel gedacht, der ungekrönten Königin Frankreichs; oder an Jeanne d' Arcs leidenschaftlichen Appell an Karl VII., sich nach Reims zu begeben und die Königskrone anzunehmen.

Selbst ausgekochte Fremdenführer zeigen Gefühl, wenn es um die Geschichte von Loches geht.

Erzählt er bewegt von den Grausamkeiten der Engländer im Hundertjährigen Krieg, sieht man Tränen in den Augen des jungen Schlossführers.

Wer jedoch genau zuhört, der wird entdecken, dass diese Geschichten für ein französisches Publikum ganz speziell ausgemalt und aufbereitet sind.

Im Mittelalter war Loches eines der lebenswichtigen Bollwerke Frankreichs.

Wie eine chinesische Puppe ist die Zitadelle von mehreren Befestigungsringen und einer dreifach gestaffelten Stadtmauer umgeben.

Innerhalb der Porte Royale (des Königstores) dagegen erscheint die Burg sehr verletzlich und weitläufig: Die Kirche, das Schloss und die Kasematten bilden drei getrennte Sektoren und zeigen die unterschiedlichsten Stilrichtungen.

Kirche, Verliese und der Wachturm sind aus dem 11. Jahrhundert, das Chateau dagegen trägt die Merkmale eines gotischen Jagdschlosses mit einer Renaissance-Fassade.

Bei einem Gang über die Brustwehren kann man sehen, wie all diese Stile ineinander greifen.

Bevor Amboise und Blois in der königlichen Gunst stiegen, galt Loches als die sicherste Zuflucht für den nomadisierenden königlichen Hof.

Sowohl Karl VIII. als auch Ludwig XII. lebten hier. Mehr als jene werden jedoch Karl VII. und seine Geliebte Agnes Sorel, die erste "offizielle Favoritin" der französischen Geschichte, mit dem Chateau in Verbindung gebracht.

Oft wird darüber Karls Ehefrau Marie von Anjou vergessen, die ihm sage und schreibe vierzehn Kinder gebar.

La favorite war bei allen wichtigen Gelegenheiten zugegen und empfing als Dank für ihre Dienste orientalische Seide, Mäntel aus Hermelin und ägyptische Wäsche aus Goldbrokat.

Trendsetterin und Opfer der Mode zugleich, trug sie den höchsten hennin (Haartracht) und die längste Schleppe im ganzen Königreich.

Ihr gebührt das Verdienst, die Obenohne-Mode eingeführt zu haben.

Erfolglos lief der Bischof Jean Juvenal gegen das Zeigen ihrer freien Brüste Sturm: Die dame de beaute ließ sich von ihm nicht einschüchtern.

Im Schloss sind die Kopien zweier berühmter Gemälde zu sehen. Das eine stammt von Francois Clouet und zeigt Agnes mit üppiger Haartracht und der langen Schleppe aus Hermelin.

Ihr bleicher Teint und ihre bloßen Brüste kommen vor dem Hintergrund ihres schwarzen Kleides voll zur Geltung. Auf dem Gemälde von Jean Fouquet posiert sie, ebenfalls barbusig, als Jungfrau Maria mit dem Kind.

Was ihren Einfluss auf den Lauf der französischen Geschichte betrifft, so dürfte er via Karl VII. beträchtlich gewesen sein.

Agnes starb 1450 an einer "Magenverstimmung", so die offizielle Version, die den Verdacht nahe legt, dass sie vom Dauphin, dem späteren Ludwig XI., vergiftet wurde.

Königliche Sitten schrieben vor, dass man sie verbrannte, ihr Herz und die Eingeweide wurden in einem Grab aus schwarzem Marmor beigesetzt. Ihre Grabfigur aus weißem Marmor ruht auf zwei Lämmern, Symbolen des Friedens, der Schönheit und der Unschuld.

Das logis royal, die königliche Wohnung, ist spärlich eingerichtet, zeigt aber einige auffallende architektonische Besonderheiten, wie die eleganten Spitztürme und die Kamine im Stil der Renaissance.

Einer von ihnen heizte die Kapelle der Königin Anne, ein Luxus, der in jener Zeit einmalig gewesen sein dürfte, aber wohl angebracht war, da Anne die meiste Zeit ihres Lebens in Trauer um ihren ersten Mann, Karl VIII., und ihre drei verstorbenen Kinder verbrachte.

Diese Kapelle erstrahlte einst in reinstem Azurblau, auch war sie mit silbernen Hermelinen, dem Emblem Annes, geschmückt.

Als Loches während der Revolution zum Gefängnis degradiert wurde, mussten solche königlichen Insignien leider verschwinden.

Beim Verlassen des Schlosses sollte man nicht versäumen, einen Blick auf die romanische Kirche gegenüber zu werfen. Das einzigartige Dach von St. Ours besteht aus vier Türmen, die beiden inneren sind achteckige Pyramiden, unter denen sich ein eindrucksvolles Deckengewölbe spannt.

Einen gleichwertigen Rang innerhalb der Festung nehmen Bergfried, Verliese und Kerker ein.

Foulques Nerra, der exzentrische und gnadenlose Herzog von Anjou, hatte sie schon 1005 angelegt.

Nach jedem Massaker, das er an den Ufern der Loire veranstaltete, ging er auf Pilgerschaft nach Jerusalem oder gründete ein weiteres Kloster.

Auf diese Weise rein gewaschen, konnte er von neuem mit Raub, Mord und Plünderung beginnen.

Im Festungsbau war er jedoch seiner Zeit weit voraus, und Loches war sein Meisterwerk.

Die Verliese von Loches sind gut erhalten, denn bis 1926 waren sie noch in Gebrauch, und der Führer macht keine Witze, wenn er Besucher davor warnt, auf eigene Faust das Labyrinth der Gänge zu erforschen, die oft außerhalb der Stadtmauern ins Freie führen.

Als im Juni 1940 die Wehrmacht die Stadt besetzte, traf sie auf wenig Widerstand, denn ein Großteil der Bürger hatte sich hier oder in den Weinkellern und Wohnhöhlen, ja sogar in den Einsiedlergrotten ganz am Ende der Tunnels versteckt.

Am meisten beeindruckt das Verlies im Martelet- Turm, in dem Ludwig XII. seinen wertvollsten Gefangenen, Ludovic Sforza, verwahrte.

Er durfte sich sogar sein möbliertes Geviert anstreichen. An der Wand hinterließ er, gerade noch erkennbar, die Nachricht "Celui qui net pas contan" (Der, der nicht zufrieden ist).

Sforza starb am Tag seiner Entlassung. Die offizielle Version seines Todes lautete, dass er das Tageslicht nach so langer Dunkelhaft nicht mehr ertragen konnte. In Loches meint man jedoch zu wissen, dass sein Essen am Vorabend seiner Entlassung vergiftet wurde.

Ist man wieder glücklich der Dunkelheit entronnen, muss man entsetzt feststellen, dass die Gefängnisse noch kein Ende haben.

An der Stadtmauer sind Nachbildungen sogenannter fillettes angebracht, eiserne Käfige, die von Ludwig XI. erfunden wurden.

Kardinal Balue hing als Verräter viele Jahre auf diese Weise an der Stadtmauer.

Wer noch mehr Appetit auf solcherlei Schauergeschichten verspürt, wird bei der Führung "Loches bei Nacht" ganz sicherlich auf seine Kosten kommen.

Bei Tageslicht sollte man sich die Architektur in der Rue du Chateau und der Rue St. Antoine genauer ansehen.

Einheimische sprechen hier gerne von Renaissance-Fassaden, aber der architektonische Charakter von Loches ist durchgängig geprägt von der Spätgotik.

Zwar sieht man auf dem Rathaus das Salamander-Zeichen König Franz I., und auch die Proportionen spiegeln den Geschmack der Renaissance, typischer sind jedoch die spätgotischen Stadttore Porte des Cordeliers und Porte Picois.

Die Stadt hat gerade erst begonnen, ihr touristisches Potential zu entdecken, und die Bürger haben ihren Lebensstil noch nicht dem Fremdenverkehr geopfert.

1989 wurde Christine Mora als erste Frau zur Bürgermeisterin gewählt. Da ihre politische Heimat weit links zu suchen ist, musste dies im Jubiläumsjahr für das royalistische Loches einer verspäteten Revolution gleichkommen!