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Colmar Historisches zu Colmar

 

 

 


Colmar Die vier colmarer Aufstände

Eigentlich sind die Colmarer friedliche Leute. Das will aber nicht heißen, dass sie sich alles gefallen lassen. Zwischen 1833 und 1855 sahen sie gleich vier Mal rot, weil der Stadtrat ihre traditionellen Gewohnheiten verändern wollte.

Und so gingen die vier Aufstände, die einen Finanzdirektor und einen Bürgermeister das Amt kosteten, in die Colmarer Geschichte ein. Ihre Helden sind die einfachen Leute, die um ihre bescheidenen Privilegien kämpfen.

Der Rachenputzer-Aufstand
Die Gemüsegärtner und Winzer der Umgebung tranken für gewöhnlich einen Wein, der in gutbürgerhchen Häusern nicht serviert wurde, und zwar aus gutem Grund, denn es handelte sich um einen mehr als sauren Rachenputzer.

Der Bubberi, so wurde er im Colmarer Dialekt genannt, wurde getrunken, weil er den Durst löschte. 1833 hatten die Steuerbehörden die schlechte Idee, dieses Gebräu, das den Namen Wein eigentlich nicht verdiente, wie einen richtigen Wein zu besteuern.

Ende Oktober rumorte der Autstand zuerst im populären Krutenau-Viertel, bevor er die ganze Stadt erfasste. Die Fabrikarbeiter schlugen sich aul die Seite der Gemüsegärtner und Winzer.

Sie errichteten Barrikaden und bewarfen die Ordnungshüter mit Steinen. Vor allem aul den obersten Steuerbeamten, den Vicomte de Croismare, hatten sie es abgesehen: sie drohten, ihn in eine mit Bubberi gefüllte Kiste zu stecken und selbige in den Sinnbach zu werfen.

Die Nationalgarde, die herbeigeruten worden war, weigerte sich, aul das Volk loszugehen.

Der Präfekt und die Armee mussten eingreifen, um die Ordnung wiederherzustellen. Der Vicomte wurde abgesetzt, die neue Steuer zurückgenommen und die inhaftierten Aufständischen freigelassen. Der Stadtrat tasste den weisen Beschluss, den Colmarer Bubberi von nun an in Ruhe zu lassen.

Der Aufstand der Reisigbündel
Neun Jahre später beschloss der Stadtrat, der auf der Suche nach neuen Einnahmequellen war, das Brennholz zu besteuern, das den Einwohnern nach dem Holzungsrecht zustand, und das vor allem den Ärmsten halt, den Winter zu überstehen.

Diese Massnahme kam bei den Einwohnern schlecht an. Im Juni I862 beschlossen sie, das Rathaus von Bürgermeister Chappuis zu belagern.

Die Anführer wurden verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Am folgenden Tag störten erregte und ziemlich angeheiterte Colmarer den Holzverkauf im Niederwald. Von diesem Erfolg beflügelt, beschlossen die Aufständischen, in die Stadt zurückzukehren, diesmal mit dem testen Willen, bis zum Bürgermeister höchstpersönlich vorzudringen.

Der Stadtrat sah sich der meuternden Menge hoffnungslos ausgeliefert und rief um Hilfe. Erst als ein Lanzenreiterschwadron aus Selestat und vier Kompanien des 7. Straßburger Regiments herbeieilten, konnte dem Autstand ein Ende gesetzt werden.

Die Rechnung war gesalzen. Die erhoflten Steuereinnahmen reichten noch nicht einmal aus, die Kosten für die Verpflegung und Unterkunft der Truppen zu decken. Mit dieser Affäre harte der Stadtrat sein Ansehen bei der Bevölkerung verspielt.

Der Aufstand der Gurken
Als die Cholera 1854 in Colmar wütete und zahlreiche Menschenleben forderte, beschlossen die Stadtväter, sich mit der Ernährung der Colmarer zu belassen, denn sie hatten mit Entsetzen festgestellt, dass es in bestimmten Vierteln mit der Hygiene nicht gerade zum Besten stand und die Ansteckungsgefahr dort deshalb besonders groß war.

Und so kamen sie auf die Idee, den Verzehr von bestimmten I Lebensmitteln zu verbieten. Unter dieses Verbot helen auch die Gurken, was die Gemüsehändler, die Gurken in ra uhen Mengen produzierten und aßen, in Rage brachte. Drei Schwestern, „alte Weiber, schmutzig und hässlich", legten sich sogar mit dem Gendarmen an, als der unerwartet auf dem Markt aufkreuzte.

Es kam zu Handgreiflichkeiten. Die Furien bombardierten den Ordnungshüter und seinen Trupp mit Gurken, Kürbissen, weißen Rüben, Sellerieknollen und Topinamburen.

Die anderen Gemüsehändler ließen sich nicht lange bitten und unterstützten sie nach Kräften. Auch hier mussten Polizei und Armee eingreifen, um die Ordnung wiederherzustellen. Bürgermeister Chappuis, der schon den Aufstand der Reisigbündel „niederschlagen" musste, hätte gern aut diesen neuerlichen Zwischenfall verzichtet...


Der Aufstand der Leichenwagen
Der letzte Aulstand, der Aufstand der Leichenwagen im Jahre 1855, wurde ihm schließlich zum Verhängnis.

Bis dahin wurden die Colmarer im „Rappendantz" — dem „Ort, an dem die Raben tanzen" — begraben.

Nach alter Tradition wurden sie auf ihrem letzten Weg von der sogenannten „Totengräberbande" begleitet: Schreiner, Schlosser, Bildhauer, Handwerker aller Art, die sich aut eine Art Arbeitsteilung geeinigt hatten, um ihren Lohn ein wenig aufzubessern — bis das Irisch gegründeie Bestattungsinstitut, ein Novum in der Stadt, seine Dienste anbot und dabei vom Stadtrat nach Kräften gefördert wurde.

Die Handwerker waren jedoch nicht gewillt, auf ihre lukrative Nebentätigkeit zu verzichten. So mischten sie sich unter das Volk und machten Werbung für die eigene Sache.

Nun sei es so weit gekommen — so behaupteten sie —, dass die Colmarer nicht einmal mehr ihre Toten selbst begraben dürften. Das Argument kam gut an bei der Bevölkerung, die aul die Straße ging, wenn ein Begräbnis stattfand, so dass die Leichenwagen des Bestattungsinstitutes den Friedhot nur unter Polizeischutz erreichen konnten.

Die Affäre war nicht nach dem Geschmack des Präfekten. der daraufhin den Bürgermeister kurz und bündig absetzte. Der Aufstand der Leichenwagen bot ihm die günstige Gelegenheit, einen Bürgermeister loszuwerden, der 1848 ein überzeugter Republikaner gewesen war und sich wenige Jahre später als Anhänger Napoleons III. entpuppte...

Allzulange war Chappuis im Amt geblieben.